Ein Holly-Highlight dieser Wintersaison 2012/13 ist CHRISTIAN BREILs Wollkleid
"L'Hameau de la Reine"
Es ist ein schlicht doch raffiniert geschnittenes Etuikleid aus reinem Tiroler Loden.
Der einfache U-Bootausschnitt lenkt den Blick nicht ab, sondern lässt die Silhouette des Kleides als Ganzes wahrnehmen.
Die kleinen Schulterübersprünge, bedecken die hintere Armkugel völlig und machen vorn die quadratische Grundform perfekt.
In der Taille einfach aber feminin durch eine elastische Raffung unterbrochen geht der Fall weiter nach unten, wo nach hinten die Saumkante als leichte Schleppe etwas länger wird.
Das goldbraune Futter ist exakt 1cm länger geschnitten und linzt leicht aus dem tannengrünen Loden heraus.
Zur Königin (hier mit Strickcape "Eve") steht ihr bauernbübischer Galan.
Er trägt Hose "Reata"
Shirt "St. Germain"
Jacke "Montagnola"
und Schal "Louis"
Inspiriert wurde ich von dem kindlich-verzweifelten Versuch der weltentfremdeten französischen Königin Marie-Antoinette (1755 - 1793), dem einfachen Leben und Volke etwas näher sein und so dem deprimierenden Pomp bei Hofe entfliehen zu können.
Dazu ließ sie sich ein nach ihren Vorstellungen und für ihr Verhältnis "einfaches" komplettes Dorf im Park von Versailles errichten, genannt "Le Hameau de la Reine", das Dorf der Königin... Hier konnte sie nicht, wie so oft nachgesagt, nur Schäferstunden inszenieren - aber warum auch nicht, denn sie war erst Ende 20, ein Alter wo wir heutzutage selber nur zu gerne nochmal weitere 20 Jahre Kinder sein wollen und uns (wenn auch auf bescheidenere Weise) ebenfalls gern dem Erwachsenwerden wiedersetzen, sei es in Kleidung oder Verhalten - nein, es ging ihr auch darum, das einfache Leben nicht etwa zu verhöhnen - wie etwa eine Paris Hilton bei "The Simple Life" - sondern etwas Entglittenes, Entferntes zu verstehen, was schließlich jedoch in der Umsetzung an der geringen Lebenserfahrung, der schlecht meinenden Beratung und den begrenzten Möglichkeiten des höfisch Ziemenden scheitern musste.
Nicht als Ergebnis eines verständnislosen Zynismus, sondern voller Traurigkeit ist deshalb dieser Ort der kindlichen Zuflucht zu verstehen, ihr kleines Dorf im Palastgarten ein Versuch, dem gemütlichen und geborgenen Leben, der Kindheit in Österreich wieder näher zu sein, weg von der kühlen Intriganz und lächelnden Fratze des dekadenten französischen Hofes. Und doch war gleichsam das Misslingen dieses Experiments der dörflichen "Einfachheit" durch Unsinn und Realitätsentgleitung mit vorprogrammiert.
Diese entfernte nebelhafte Ahnung der viel zu jungen naiven Monarchin, dass etwas in der Hofespracht nicht stimmen konnte, dem Naturgesetz des menschlichen Glückes zuwiederläuft, ja dass das Leben in seiner Einfachheit glücklicher sein muss, als alles Gold und aller Rang und alle Macht; und der Schritt in ein solches Leben doch freiwillig geschehen muss und doch so übermenschlich viel Mut und Kraft kostet, dass er eigentlich misslingen musste, das war der kindlichen Königin Antrieb und Verfehlen zugleich.
Jahre später zeigt eine beinahe buddhistisch-meditativ in sich ruhende Erwachsene, in ihrer kargen Zelle sitzend, ihrem tödlichen Schicksal mutig ergeben, ein erwachtes Bewusstsein und - leider viel zu spät - ein Auflösen dieses ahnungsvollen kindlichen Nebels - keine Königin mehr, nein, eine Frau nun, am eigentlichen Anfang des Lebens stehend, und doch auf dem Wege zum Schafott. Vielleicht mit allem erfahren, was das Leben zu lehren weiß...
Das Kleid drückt diese königliche Anmut im einfachen Gewande, diese Sehnsucht nach einfacher, purer Schönheit vor diesem höfischen Hintergrund aus - die Farben wie ein altes Ölgemälde, der Stoff aus den Webereien der barocken Natur, Urgewalt und Zerbrechlichkeit...
Natürlich liegt unserem Kleid kein Originalschnitt zugrunde, denn es ist nicht nur für die damalige Vorstellung wahrlich schlicht, ja schon beinahe "bäuerlich", sondern es ist eine moderne Hommage an jenen Wunsch, sich dem Menschen, meinetwegen dem "Volke" zu nähern. Eine ehrliche Verbeugung soll es sein, und diese von seinen Betrachtern ebenso ehrlich erwidert werden. Denn am Ende ist es schließlich "einfach" nur - ein weiteres schönes Kleid.
ChB